Wie American Dynamism und The Network State versuchen, die Zivilisation zu gestalten
- Editorial Team
- 28. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Ein Moment zivilisatorischer Umwälzung - In einer Zeit gesellschaftlicher Zerfaserung konvergieren zwei scheinbar gegensätzliche Philosophien um ein gemeinsames Ziel: die Wiederherstellung oder Neuerfindung der Zivilisation durch Technologie und Unternehmertum. Auf der einen Seite steht das "American Dynamism"-Programm von Andreessen Horowitz (a16z), ein Aufruf zur Stärkung nationaler Resilienz durch private Innovation. Auf der anderen Seite Balaji Srinivasans radikales Konzept des "Network State"—eine Vision von cloud-basierten Nationen, die aus dem Zerfall traditioneller Institutionen hervorgehen. Trotz unterschiedlicher Strategien sind diese Ansätze eng miteinander verflochten.

American Dynamism vs. Network State: Institutionen erneuern oder umgehen
Im Zentrum von American Dynamism steht der Glaube an die Erneuerung bestehender Institutionen. Das Programm investiert in Startups, die zentrale gesellschaftliche Herausforderungen wie Verteidigung, Bildung, Infrastruktur und Gesundheit meistern sollen. Im Gegensatz dazu betrachtet der Network State bestehende Institutionen als irreparabel und fordert dazu auf, sie zu umgehen: Statt Reformen werden neue, wertebasierte Gemeinschaften geschaffen, die sich zuerst digital und später physisch manifestieren. Beide Philosophien erkennen jedoch die Unternehmer als treibende Kraft gesellschaftlicher Erneuerung.
Die neue Sprache der Souveränität
Auch in ihrem geopolitischen Denken finden sich Gemeinsamkeiten. American Dynamism sieht technologische Innovation als Grundlage nationaler Überlebensfähigkeit. Gründer sollen zur Stärkung staatlicher Resilienz beitragen. Srinivasan geht weiter: Er envisagiert Gemeinschaften, die sich digital organisieren, eigene Werte verkörpern und schließlich souveräne Verhandlungspartner bestehender Nationalstaaten werden. In beiden Modellen bleibt Souveränität—ob national oder netzwerkbasiert—das zentrale Gut.
Gründer als Architekten der Zivilisation
Techno-Optimismus durchdringt beide Bewegungen, insbesondere in ihrem Verständnis der Rolle von Gründern. Für a16z sind sie Nationen-Erneuerer: Menschen, die durch technologische Fortschritte bürgerliche Infrastrukturen neu beleben. Balaji hingegen stilisiert sie zu Gründern neuer Nationen: moralische und technologische Innovationen sollen nicht nur Bestehendes verbessern, sondern neue Gemeinschaften hervorbringen. Vertrauen wird weniger in Bürokratien als in visionäre Unternehmer gesetzt.
Voice oder Exit: Zwei Wege zur Erneuerung
Die Ansätze unterscheiden sich in ihrer Strategie. American Dynamism setzt auf den Aufbau paralleler Institutionen innerhalb bestehender Systeme: neue Schulen, neue Medien, neue Gesundheitsmodelle. Der Network State hingegen verfolgt das Ziel, parallele Ökonomien und Zivilisationen außerhalb etablierter Strukturen zu erschaffen.Diese Spannung spiegelt einen tieferen philosophischen Unterschied wider: "Voice" steht für Reform von innen, "Exit" für den Aufbau alternativer Systeme von außen. Zusammen ergeben sie eine Yin-Yang-Strategie: Reform, wo möglich; Exit, wo nötig.
Zwei Visionen, ein Impuls
Am Ende stehen sich American Dynamism und der Network State nicht als Gegensätze gegenüber, sondern als komplementäre Antworten auf denselben historischen Moment: den Vertrauensverlust in traditionelle Institutionen und das Bedürfnis, neue Grundlagen für Zivilisation zu schaffen.Beide sehen Startups nicht nur als Unternehmen, sondern als Keimzellen neuer gesellschaftlicher Institutionen. Beide begreifen technologischen Fortschritt nicht als Luxus, sondern als Voraussetzung für Souveränität, Gemeinschaft und Resilienz. Die Methoden unterscheiden sich. Doch das zugrunde liegende Streben—die Erneuerung der Zivilisation—verbindet sie untrennbar. Die Bewegung hat begonnen. Und sie ist nicht mehr aufzuhalten.