Wie funktionieren LinkedIn Posts, die sehr schnell polarisieren und viral gehen? Ich habe unsere Kommentaranalyse methodisch auf Sarahs LinkedIn Post angewandt, der im Januar 2025 mit über 2 Millionen Views auf dem Business Netzwerk viral ging.

Rage Baiting - Worum es geht?
Sarah Röthlisberger beginnt mit einer ironischen Provokation über das Fliegen im Privatjet, nur um dann auf ein wachsendes Phänomen auf LinkedIn hinzuweisen: Rage Baiting – das gezielte Provozieren kontroverser Diskussionen, um maximale Reichweite zu generieren.
Sie nennt Beispiele von absichtlich überzogenen Beiträgen, die polarisieren und dadurch viral gehen. Ihr Tipp: Nicht reagieren, nicht liken, nicht kommentieren, wenn man dieses Spiel nicht unterstützen will. Gleichzeitig erinnert sie daran, dass wertvoller Content aktiv unterstützt werden sollte, damit Social Media nicht nur von provozierenden Inhalten dominiert wird.
Rage Baiting - Auswertung
Inhaltliche Cluster: Was hat die Community zu Rage Baiting zu sagen?
Wir haben die Inhalte nach sozialen Reaktionen sortiert und dann die top Kommentare bzw. die Antworten auf sie geclustert. Herausgekommen sind drei Gruppen von Posts:
Ironie und Selbstreflexion über Rage Baiting: Viele Kommentatoren merken an, dass der Beitrag selbst – obwohl er Rage Baiting kritisiert – genau die Mechanismen nutzt, die er beschreibt, indem er hohe Engagement-Raten durch getriggerte Reaktionen erzeugt. Einige fragen sich, ob dies eine bewusste Marketingstrategie oder ein unbeabsichtigter Effekt war.
Frustration über LinkedIns Entwicklung hin zu Clickbait: Mehrere Nutzer äußern ihren Unmut darüber, dass LinkedIn zunehmend von provokanten, aufmerksamkeitsheischenden Beiträgen dominiert wird, die an Facebook erinnern. Viele berichten, dass sie solche Posts aktiv blockieren oder ignorieren, um deren algorithmische Verbreitung zu verhindern.
Humorvolle und satirische Reaktionen: Einige Kommentatoren greifen das Thema spielerisch auf, indem sie das „Flexen“ mit Luxus übertreiben, während andere eigene Erfahrungen mit provokanten Social-Media-Posts teilen und deren Einfluss auf Reichweite und Wahrnehmung diskutieren.
Fortgeschrittene Analysen: Welche Eigenschaften hat Rage Baiting?
Netzwerkstruktur

Mit Hilfe der Netzwerkdarstellung ist es möglich über Kommunikationstypen und deren Interaktion Aussagen zu treffen.
Dargestellt werden "Nodes", die kleinen Punkte, die agierende Personen darstellen und "Edges", das sind die Verbindungslinien zwischen Akteuren oder mit sich selbst.
Daneben unterscheiden wir zentralistische (der Master Account bestimmt die Kommunikation) und dezentrale Kommunika-tionsstile. In unserem Rage Baiting Beispiel gruppiert sich viel Gespräch um Sarah, aber wie die Punktewolken in der Mitte zeigen, gibt es auch sehr viel Gespräch um sie herum.
Kommunikationsmetriken

Wir messen nicht nur, wie viele Kommentare und Antworten gepostet wurden, sondern machen noch weitere Berechnungen, um die Art der Kommunikation zu verstehen und Handlungssanweisungen ableiten zu können.
Insgesamt fanden 1.879 Kommentare bzw. Antworten Eingang in unsere Messung.
Mit 231 Posts war Sarah Röthlisberger selbst relativ aktiv an der Diskussion beteiligt.
Mit 14% kam es oft zum Gespräch.
Reaktionsfrequenz

Nicht alle der 1.879 Kommentare erzielen wiederrum gleich viel soziale Reaktion. Ein paar stechen besonders heraus.
Für die Analyse haben wir daher die einzelnen Kommentare nach sozialen Reaktionen sortiert und mit dem Feld aller Kommentare verglichen. Das Boxplot zeigt die Verteilung anschaulich.
Postfrequenz

Rage Baiting erzeugt zumindest in diesem Beispiel Onehit Wonder, wenn man sich die Kommentare anschaut. Ich interpretiere Kommentare als Community Activity und als Gradmesser der Qualität der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Thema.
Sichtbar wird eine sehr stark zeitliche Erregung, hier an einem Tag, mit starkem Abfall in der Folge.
Fazit: Qualitätscontent ist ein Community Driver, Rage Baiting nur eine Extrasystole
Im Vergleich zu 2 Millionen Views ist der Anteil der Kommentare sehr gering und nur im Promillebereich. "Rage Baiting" führt daher zwar zu sehr schneller, kurzlebiger Sozialer Reaktion, im Rahmen der Antwortmöglichkeiten von LinkedIn, aber nicht zu substanzieller Community Aktivität.
Sarah Röthlisberger hat damit Recht: Rage Baiting schafft zwar kurzfristige Erregtheit in Form von Reichweite, aber keinen Nachhall. Sie weisst in ihrem Post daher auf die Bedeutung von "werthaltigem" Content hin. Gut für die LinkedIn Community, die Wert auf Substanz legt.